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SSRQ ZH NF I/2/1 67-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Zweite Reihe: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur. Band 1: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur I, da Bettina Fürderer

Citazione: SSRQ ZH NF I/2/1 67-1

Licenza: CC BY-NC-SA

Strafgerichtsordnung der Stadt Winterthur

1436.

Beide Räte der Stadt Winterthur legen fest: Bei der Vernehmung von Personen, die wegen eines Kapitalverbrechens inhaftiert sind, sollen Mitglieder des Rats, ebenso viele Zeugen und der Stadtschreiber anwesend sein. Der Schreiber soll das Geständnis und die Namen der Zeugen aufschreiben. Wurde die verdächtige Person auf Betreiben der Stadt verhaftet, soll der oberste Ratsknecht, andernfalls diejenigen, welche die Inhaftierung beantragt haben, vor beiden Räten Klage erheben. Beide Räte setzen in Anbetracht der Tat und des Geständnisses und nach Anhörung der Zeugen die Strafe fest. Wird die Todesstrafe verhängt, soll das Urteil aufgezeichnet und, wenn beide Räte es anordnen, öffentlich in Gegenwart des Verurteilten verlesen werden, bevor man diesen dem Henker übergibt. Wenn eine inhaftierte Person kein Geständnis ablegt, können beide Räte Folter anordnen. Es steht beiden Räten zu, die Gefangenen nach Ermessen vorzuladen.

  • Collocazione: STAW B 2/1, fol. 92r-v
  • Data di origine: 1436
  • Tradizione: Eintrag
  • Supporto alla scrittura: Papier
  • Formato l × a (cm): 22.5 × 31.0
  • Lingua: tedesco
  • Edition

Am 25. November 1417 bewilligte König SigmundPersona: der Stadt WinterthurLuogo: die Ausübung der hohen und niederen Gerichtsbarkeit (SSRQ ZH NF I/2/1 51-1). Zuvor hatte die Stadtherrschaft, die Herzöge von ÖsterreichOrganizzazione: , und ihr Vertreter vor Ort, der Vogt von KyburgLuogo: , dieses Recht besessen, vgl. SSRQ ZH NF I/2/1 31-1. Der Älteste des RatsOrganizzazione: verlieh seither dem Schultheissen, der die Gerichtssitzungen leitete, den Blutbann (SSRQ ZH NF I/2/1 101-1). Das Gerichtsverfahren gegen inhaftierte geständige Delinquenten fand in der Regel in geschlossenen Räumen und in Abwesenheit des Angeklagten statt (STAW B 2/2, fol. 29r; STAW B 2/5, S. 247), vgl. Kabus 2000, S. 38-43. Appellationen gegen Urteile des Blutgerichts waren nicht zugelassen (SSRQ ZH NF I/2/1 235-1; StAZH A 155.1, Nr. 69). Zum WinterthurerLuogo: Blut- oder Malefizgericht vgl. Ganz 1960, S. 282-285; Ganz 1958, S. 273-274; Schmid 1934, S. 54-60. Zum Verfahrensablauf vgl. SSRQ ZH NF I/2/1 253-1. Manche Delinquenten entgingen einem Gerichtsverfahren, sie mussten nach ihrer Haftentlassung eine Urfehdeerklärung leisten und wurden der Stadt verwiesen, vgl. den Kommentar zu SSRQ ZH NF I/2/1 73-1.

Die Praxis, Personen, die eines Kapitalverbrechens verdächtig waren, unter Folter zu einem Geständnis zu zwingen, führte unweigerlich auch zur Verurteilung Unschuldiger. Der Fall der Elisabeth von BachPersona: aus dem Jahr 1488, die beschuldigt wurde, gemeinsam mit Heimbrand TrubPersona: , den sie später heiratete, ihren ersten Ehemann aus niederem Adel vergiftet zu haben, und durch TrubsPersona: Aussagen belastet wurde, zeigt jedoch, dass es möglich war, diese Prozedur zu überstehen. Schultheiss und Rat von WinterthurLuogo: Organizzazione: liessen ElisabethPersona: trotz der Intervention der Verwandtschaft des Verstorbenen und seines Dienstherrn, des Markgrafen Christoph von BadenPersona: , gegen eine Urfehdeerklärung mit der Auflage, die Stadt nicht unerlaubt zu verlassen, frei (STAW URK 1644), weil sie der Folter «mit den aller scherpffsten dumysen, mit brennen, mit der waug am seil uff ze zihen, ouch mit dem faͤssli zum dickermāl unnd sonderlich zuͦ letst mit rechtem toͤdtlichem zwang ettlich wil under dem wasser gebunden durch den nachrichter gehept, glich als ob sy dartzuͦ mit urtail erkennt unnd ir nit anders dann ze sterben wu̍ssend was», widerstand (STAW URK 3264, S. 17) und ihre Gegner die Anschuldigungen nicht vor Gericht in WinterthurLuogo: erhoben (STAW URK 3264, S. 25). Zu diesem Fall vgl. Niederhäuser 2014, S. 173, mit weiterführender Literatur; zur Folterpraxis in WinterthurLuogo: vgl. Gut 1995, S. 137-143.

Testo editionale

Umb mißtaͤtig lu̍t ze richtenSottolineato

Item beid raͤtOrganizzazione: , der kleinOrganizzazione: und gros raͧt, die viertzigOrganizzazione: , hant sich vereynt, hin fu̍r ze richten u̍ber daz bluͦt u̍ber schaͤdlich, verlu̍mdot, mißtaͤtig lu̍t, naͧch dem und wir gefrygt syen.
Des ersten welher oder welhe umb mistaͤten angefallen werden und gefangen, wib oder man, von u̍ns ald u̍nser statt wegen ald von u̍nser clag ald von froͤmden lu̍ten, zuͦ dem sol manAggiunta sul margine sinistroa senden von einem raͧtOrganizzazione: erber lu̍t in den turn und sovil erberAggiunta sul margine destrob lu̍tenCorrezione sovrascritto, c zuͦ gezu̍gen oͧch da zuͦ beruͤffen und nemen und oͧch einen schriber da zuͦ geben. Und sol man den gefangen fraͧgen und gichtigen umb die sachen, und waz er denn vergicht, daz sol der schriber ze stett beschriben und da zuͦ die zu̍gen, mit namen die man denn je da zuͦ nympt, und sol denn der statt obrester raͧtz knecht, ob er von der statt gefangen waͤr, naͧch der vergicht vor beiden raͤtenOrganizzazione: , d–wenn die raͤttOrganizzazione: daz fu̍rnemen went,Aggiunta al di sopra della riga–d clagen und denn soͤlich clag erzu̍gen. Hetten aber froͤmd lu̍t also jeman gefangen, die soͤlten oͧch denn die clag fuͤren und soͤlich sach bezu̍gen, alles in maͧs als ob staͧt.
Und wes sach denn beid raͤtOrganizzazione: also naͧch getaͧt und vergicht und naͧch verhoͤrung der zu̍gen zuͦm rechten erkennen, zuͦm tod ald zuͦm leben e–oder mit was todAggiunta al di sopra della riga–e oder an geliden zestraͤffen und zeletzen, daz sol oͧch vergaͧn, ald waz denn die straͧff ist ald erkent wirtt naͧch getaͧt und gestalt der sach. Und wenn denn die erkantnu̍ß beschicht, welhem denn der tod erteilt wirtt, da sol man sin schuld beschriben und da zuͦ die urteil, welher tod im ze tuͤnt erteilt ist, beschriben und in denn uss dem turn nemen und da sin schuld und die urteil vor den lu̍ten, ob es beid raͤtOrganizzazione: naͧch gestalt der sach je bedunkt ze tuͦnt, offenlich lesen und in dem naͧch rihter enpfelhen. Wol ob es beidCorrezione al di sopra della riga, sostituisce: einenf raͧtOrganizzazione: naͧch gestalt der sach je bedunkti, ald nit also gestalt ald an der zit waͤri, daz also offenlich ze lesen ald ze verku̍nden und sust dem nachAggiunta al di sopra della rigagrichter ze enpfelhen waͤrAggiunta sul margine sinistroh, daz behalten die raͤtOrganizzazione: inen selb je darinne ze tuͤnt naͧch gestalt der sach.
Welher oder welhe gefangen je [fol. 92v]i–in dem [fol. 92v]Interruzione di pagina in demCorretto da: in dem–i1 turn nit verjechen woͤltin, so moͤchte ein raͧtOrganizzazione: sy je fu̍ro heissen gichtigen und fraͤgen mit foltran mit wogen, alz denn da zuͦ gehoͤrt, ob es beid raͤtOrganizzazione: je naͧch dem lu̍mden bedunkt. Und daz behalten sy oͧch inen selber je dar inne naͧch gestalt der sach ze tuͦnt, daz sy besser dunkt getaͧn denn vermitten.
Item und ob den gefangnen vor ze verku̍nden ald tag zesetzLettura incertajen k ald ze nemen sye, so l man von inen richten welli, daz behaben beid raͤtOrganizzazione: oͧch inen selb oͧch je dar inne zetuͦnt naͧch gestalt der sach.

Annotatione

  1. Aggiunta sul margine sinistro.
  2. Aggiunta sul margine destro.
  3. Correzione sovrascritto, .
  4. Aggiunta al di sopra della riga.
  5. Aggiunta al di sopra della riga.
  6. Correzione al di sopra della riga, sostituisce: einen.
  7. Aggiunta al di sopra della riga.
  8. Aggiunta sul margine sinistro.
  9. Corretto da: in dem.
  10. Lettura incerta.
  11. Soppressione: sy.
  12. Soppressione, lettura incerta: vi.
  1. Auf den Seitenumbruch wird mit der Anweisung «verte» am unteren Blattrand hingewiesen.