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SSRQ ZH NF I/1/3 15-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis Reformation), da Michael Schaffner

Citazione: SSRQ ZH NF I/1/3 15-1

Licenza: CC BY-NC-SA

Todesurteil des Blutgerichts der Stadt Zürich gegen Richard Puller von Hohenburg und seinen Diener Anton Mätzler wegen Homosexualität

1482 settembre 24.

Richard Puller von Hohenburg hat gestanden, die Taten, wie sie in der im Gefängnis des Bischofs von Strassburg beschworenen Urfehde vermerkt sind, begangen zu haben. Auch habe er diese Urfehde mit eigener Hand unterschrieben und besiegelt. Er gesteht weiter, in Zabern im Elsass mit einem Knaben von ungefähr 12 Jahren mehrere Male Geschlechtsverkehr gehabt zu haben. Ebenso habe er mit seinem Diener Anton Mätzler geschlechtlich verkehrt. Anton Mätzler von Lindau gesteht ebenfalls, mit Richard von Hohenburg Geschlechtsverkehr gehabt zu haben. Dieser habe ihm im Gegenzug versprochen, für ihn zu sorgen, wie wenn er sein Sohn wäre. Für ihre Taten werden die beiden Angeklagten zum Tod durch Verbrennen verurteilt. Das Vermögen der beiden wird konfisziert.

Richard Puller von HohenburgPersona: , der aus einem bedeutenden ElsässerLuogo: Adelsgeschlecht stammte, hatte sich im Jahr 1479 nach ZürichLuogo: begeben, um straftrechtlicher Verfolgung in StrassburgLuogo: zu entgehen. Dürften anfänglich territoriale wie monetäre Interessen ausschlaggebend für die Aufnahme des Adligen in der Stadt gewesen sein, entschloss sich der ZürcherLuogo: RatOrganizzazione: letztlich aufgrund bündnispolitischer Spannungen zwischen ZürichLuogo: und StrassburgLuogo: sowie innerhalb der EidgenossenschaftLuogo: zur Hinrichtung des Geflüchteten.

Zu Richard Puller von HohenburgPersona: vgl. Witte 1893; zum gesellschaftlichen Umgang mit Homosexualität in der spätmittelalterlichen EidgenossenschaftLuogo: vgl. Puff 1998; Schneider-Lastin 1993.

Testo editionale


Richart von HohenburgPersona: , der da gegenwirtig staͧt, haͧt verjehen, das
er den urfechd brieff, als er in des bischofs von StrasburgsLuogo: vencknu̍ss
gelegen sye, u̍ber sich selber also mit sinem inhalt geben, das, so er
sich darinn bekenne, geton, den och mit siner eignen hand underschriben
und mit sinem insigel besigelt habe. Und daby und mit sye gewesen
Caspar Ritter, der QwyntenerPersona: , und ein notary.

Er hab och zuͦ ElsassLuogo: , ZabernLuogo: , einen knaben, der by den zwoͤlf
jaren
Età: 12 anni
alt were, ghyt, als vil und dick, das im das nit wissend
sin moͤge.

So hab er Anthonyn MaͤtzlerPersona: , der sin knecht gewesen sye und
der och da gegenwirtig staͧt, verheisen und zuͦgesagt, das er
im gnuͦg a geben und inn nit verlaͧsen welle, das er inn
ghyen laͧse, und dem nach er den selben AnthonyPersona: ghyt
hab in des MosersPersona: badstuben, als vil und dick er dann das
an den selben AnthonyPersona: begert habe.

So hat Anthony MaͤtzlerPersona: von LindowLuogo: , der och da gegenwirtig staͧt,
verjehen, als er by Richarten von HohenburgPersona: gewesen sige, hab
inn der selb RichartPersona: in der badstuben des MosersPersona: hus ghyt, als
vil und dick, als der dickgenant RichartPersona: das an inn begerte
und er och der zal nit wisse. Und im darumb verheisen, das
er inn nit verlaͧsen und halten welle, als ob er sin kind weͣre.
[fol. 324v]Interruzione di pagina

Und1 umb vorgeschriben kaͤtzery, bosheiten und gros misstaͧten,
so die vorgenanten Richart von HohenburgPersona: und Anthony
Maͤtzler
Persona:
beganngen und geton hand, ist von inen beiden mit
recht gericht, also sy beid dem nachrichter zebefelhen, inen
ir hend zebinden und sy hinus zuͦ der SylenLuogo: uff das GrienLuogo:
zefu̍ren und sy daselbs an ein stud zebinden und sy beid
an der selben studt zuͦ verbrennen, das ir b beider fleisch
und gebein ze eͣschen werde und das sy damit dem rechten
und gericht gebu̍ßt haben soͤllen.

Und ob jeman, wer der weͣre, soͤlich ir beiden toͤde aͤferte oder
andote, mit worten oder werken, ald das schufe zetuͦnde,
heimlich oder offenlich, das der und die selben in den
schulden und fuͦsstapfen sin und ston soͤllent, darinne
dann sy beid jetz gegenwirtig inn stand.

Und was guͦtz sy haben, dz solichs alles unser gemeinen stat
uff ir gnad verfallen sin sol.

Und brieff zuͦgeben, erteilt vor herr Heinrichen EscherPersona: , ritter,
vogt, actum an zinstag vor sant MichelsPersona: tag anno
dmidomini etcAbbreviazione lxxxij
Data di origine: 24.9.1482
.

Annotatione

  1. Soppressione: welle.
  2. Soppressione: f.
  1. Von hier an wird das Urteilsformular für die Hinrichtung durch Verbrennen wiedergegeben, wie es im zweiten Teil der Blutgerichtsordnung vorgegeben ist (SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 100).