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SSRQ ZH NF I/1/3 1-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis Reformation), da Michael Schaffner

Citazione: SSRQ ZH NF I/1/3 1-1

Licenza: CC BY-NC-SA

Ordnung der Stadt Zürich für die Ausrichtung von Witwen sowie Erläuterung betreffend Erbrecht von Schwiegertöchtern

1446 gennaio 19 – 1468 gennaio 9.

Bürgermeister und Rat regeln die Auszahlung nachfolgend genannter Erbteile an Ehefrauen, deren Männer verstorben sind: die Aussteuer, die sie in Form von Fahrhabe in die Ehe eingebracht haben (1); die vom Ehemann erhaltene Morgengabe (2; 3); das Eherecht sowie ein Drittel des gemeinsamen Vermögens, sofern sie ihre Erbschaft anzutreten wünschen (4); die Aussteuer, die in Form von liegenden Gütern in die Ehe eingebracht wurde (5); die Anteile von Ehefrauen, deren Männer verstorben sind, am Gut ihrer Schwiegereltern (6).

Es handelt sich bei der vorliegenden Aufzeichnung um die erste erhaltene Abschrift zweier Ordnungen aus der Mitte des 15. Jahrhundert. Sie wurde um das Jahr 1498 in den Anhang zum Fünften Geschworenen Brief eingetragen, gemeinsam mit weiteren zentralen Eiden und Ordnungen. In den frühen 1520er Jahren fügte eine andere Hand unmittelbar davor verschiedene Bestimmungen betreffend Teilnahme an den Ratssitzungen ein (StAZH B III 2, S. 352). Im Zusammenhang mit diesem Vorgang wurden vermutlich einige Seiten entfernt und andere ergänzt, wodurch der erste Teil der vorliegenden Ordnung noch einmal neu abgeschrieben werden musste. Dies erklärt den Handwechsel mitten im Stück.

Der Erbanteil des sogenannten Eherechts wurde im Kontext einer ausführlichen Erläuterung zum Erbrecht von Eheleuten näher umschrieben (SSRQ ZH NF I/1/3 193-1); allgemein zum Erbrecht vgl. auch die grundlegende, auf das Jahr 1419 zurückgehende Ordnung (SSRQ ZH NF I/1/3 133-1).

Zur Datierung der Aufzeichnung vgl. Weibel 1988, S. 353; zum Erbrecht von Witwen vgl. Matter-Bacon 2016, S. 227-230; Weibel 1988, S. 47-56.

Testo editionale


Wie froͧwen naͧch unnser statt reͣcht
ußgericht weͣrden soͤllen

Wir, der burgermeister und die raͤt der statt Zu̍richLuogo: Organizzazione: , haben unns geeinbart und bekenndt, wie fu̍rbaßhin die froͧwen, so in unnser statt,
ouch in unnsern gerichten und gebietten, zuͦ der heyligen ee kommend
und die ir man u̍berleͣben, ußgericht weͣrden soͤllen umb ir morgengaͧb, ir heimstu̍r, ir eerecht und iren dritteil, als hienaͧch geschriben
staͧt.

Des ersten, weliche tochter oder wytwe zuͦ der heyligen ee kompt,
mit geding, was die tochter oder frow irem mann, mit dem sy zuͦ
der ee kompt, varends guͦts zuͦ heimstu̍r zuͦ bringet, das soͤlichs
liggen soͤlle an eygen und erb, naͧch unnser statt reͣcht. Weͣnn
da der mann vor der frowen abstirbt, so sol die frow der genannten
ir heimstu̍r, als vyl si im an farennder hab zuͦbracht haͧt und
das bedinget ist, als ob staͧt, vor uss, vor allen dingen, uß des manns
farenden guͦt oder uß dem lygenden, ob des farennden nit sovil
weͣre, uß gericht weͣrden.

Item daͧrnaͧch, was oder wie vil iro deͣnn ir man zuͦ morgengaͧb
geben, daͧrumb sy brief oder kunndtschaft, oder ob sy weͣder brieff
oder kundtschaft haͧt, was sy denn by irem eyd behalt, das iro
von irem mann zuͦ morgengaͧb geben syg, dieselb ir morgengaͧb
sol iro ußgericht weͣrden uß ir mans guͦt, mit soͤlichem unnderscheyd, haͧt der mann sovil ligends guͦts, so sol sy mit ligendem guͦt ir
morgengab ußgericht weͣrden, haͧt er des nit sovil, so sol sy ußgericht
weͣrden mit farendem guͦt umb ir morgengaͧb. Hat ouch ein frow
by irem aberstorbnnen mann eliche kind, so sol man iro die morgengaͧb
setzen und daͧvon zinß geben, das ist daͧrumb, das die morgengaͧb der
selben kinden verfanngen guͦt ist. Und ob ein muͦtter vor den kinden
abgiennge, das dann die kind wu̍ßtind, wo sy die morgengab fundind.
Haͧt sy aber nit eliche kind by dem selben irem mann, ald das die kind
alle vor der muͦtter abgonnd, so sol die morgengaͧb der muͦtter eygen
guͦtt sin.
[p. 354]Interruzione di pagina
a
Gat ouch ein frow vor irem man ab, so ist die morgengaͧb des manns libding,
als das von alter harkommen ist. Ein morgengaͧb valt och von einem geschwistergit an das annder, das ein vatter sine kind darinne nit erbt, als in
annderm guͦt, untz das der vatter die kind alle u̍berlebt.

Darnach sol iro ußgericht werden ir ee recht und demnach ir dritteil, ob sy
dartzuͦ stan wyl.

Wo ouch ein tochter oder frow einem man ligennd guͦt zuͦ bringt, da sol ouch
die frow mit demselben ligenden guͦt, ob das vor hannden ist, usgewist werden.
Ob es aber verkoufft und ze varender habb kommen und doch der frowen bedingt
waͤre, das sy ir ligennt guͦt hett laͧssen verkouffen, das iro das ligen soͤlt
an eigen und erb, nach unnser statt recht, und das kuͤntlich wuͤrde, so sol
der frowen das mit ligendem guͦt erwidret und ußgericht werden, ob das
da ist. Were aber das nit da, so sol ir das ußgericht werden von dem varenden guͦt, ob des so vil da ist, och vor ir erecht und dritten teil. Soͤlich heimstu̍r
sol ouch der frowen von dem varenden guͦt, ob des sovil ist, ouch vor ir erecht
und drittenteil usgericht werden. Ob aber an varenndem nit sovil da were,
so sol sy darumb mit irs manns ligenden guͤter usgericht werden.

Und ist dis beschechen uff mittwochen nach sannt HylaryenPersona: tag anno
domini m cccc xlvjto
Data di origine: 19.1.1446
.

Wo ouch ein man von todes wegen abgat und ein elich wibe hinder im laͧsset
und hat er su̍n, die ouch elich wiber habennt und sind die ouch vor den
mannen, dem vatter, nach abganngen, das denn des vatters wybe
des ersten mit dem dritteil und anndrem nach diser ordnung sag
usgericht werden sol. Und wenn das beschicht, das denn das guͦt, so der [p. 355]Interruzione di pagina
vatter daru̍ber gelassen haͧt, under sine kind glich geteilt werden sol. Und
wil denn des sunns wib zuͦ dem drittenteile in irs manns guͦt staͧn, das
sy das denn wol tuͦn und den darinne nach wysung c diser ordnung
nemen mag. Und sy stannde also zuͦ dem drittenteile oder nit, so sol doch ira die
betstatt, daruff sy beide gelegen sind, gevolgen und werden.

Und dis lu̍ttrung ist geben und beschëchen uff sambstag nach der heiligen
dryer ku̍ng tag anno domini m cccc lx octavo
Data di origine: 9.1.1468
.

Annotatione

  1. Cambio di mano.
  2. Cancellazione raschiata: e.
  3. Soppressione: ouch.