SSRQ ZH NF I/1/11 49-1
Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die
Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 11:
Gedruckte Mandate für Stadt und/oder Landschaft Zürich, da Sandra Reisinger
Citazione: SSRQ ZH NF I/1/11 49-1
Licenza: CC BY-NC-SA
Ratsrednerordnung der Stadt Zürich
1731.
Descrizione della fonte
- Collocazione: StAZH III AAb 1.9, Nr. 67
- Data di origine: 1731 Tradizione: Druckschrift, 4 Bl.
- Supporto alla scrittura: Papier
- Formato l × a (cm): 20.0 × 24.5
- Lingua: tedesco
-
Edition
- SBPOZH, Bd. 1, Nr. 4, S. 27-35
Nachweis
- Schott-Volm, Repertorium, S. 982, Nr. 1537
Commento
Seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts lässt sich für ZürichLuogo: das bürgerliche Amt der Ratsredner nachweisen. Im Gegensatz zu den Fürsprechern, welche ordentliche Mitglieder des Stadtgerichts waren und nur in bestimmten Fällen als Wortführer Fälle übernahmen, handelte es sich bei den Ratsrednern um berufsmässige und besoldete Rechtsbeistände, die stellvertretend für ihre Mandanten auftraten. Die Ratsredner waren ausserdem keine Ratsmitglieder, sondern stammten aus dem Stadtbürgertum und übten einen nicht-zünftigen, freien Beruf aus. Ihre juristische Fachausbildung, Einkommen und soziale Stellung waren wohl eher gering. In der Anfangszeit traten die Ratsredner nur vor dem Rat auf, ab 1525 vor dem neu geschaffenen EhegerichtOrganizzazione: (vgl. SSRQ ZH NF I/1/11 1-1) und im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts dann vor dem StadtgerichtOrganizzazione: . Wer das Amt des Ratsredners ausüben wollte, musste zuerst vor dem Kleinen RatOrganizzazione: eine Redeprobe abgeben sowie eine einmonatige Lehre bei einem anderen Ratsredner absolvieren. Erst dann wurden die Ratsredner, von denen es in der Regel sechs gab, durch den Kleinen RatOrganizzazione: bestätigt.
Im Januar des Jahres 1730 stellten die Ratsmitglieder in einer Sitzung fest, dass die alte Ratsrednerordnung von 1634 überarbeitet werden müsse. Eine Ratskommission aus neun Ratsmitgliedern wurde beauftragt, innerhalb von zwei Monaten ein Gutachten bezüglich Besoldung, jährlichen Einkünften (Wartgelder) sowie einer künftigen Eidformel zu verfassen (StAZH B II 788, S. 21-22). Das Gutachten wurde im Februar bis März 1730 besprochen und die alte Ratsrednerordnung umfassend revidiert (StAZH B II 788, S. 89-91, 100-104 und 151). Insbesondere die gängige Praxis, dass geistliche und weltliche Herrschaftsvertreter, wie beispielsweise Klöster oder Städte, Ratsredner als ihre eigenen, ständigen Rechtsvertreter anstellten, gab Anlass zu Diskussionen. Es stellte sich nämlich die Frage, ob die bezahlten Wartgelder gegen die Bestimmungen des Pensionenbriefs von 1713 verstiessen. Am 12. Juni 1730 schlug die Ratskommission einen Passus für die revidierte Ordnung vor, worin stand, dass jegliche Art von Pensionengeldern, Wartgeldern oder Geschenken verboten sein sollen (StAZH A 68.2). Der Vorschlag wurde später in der gedruckten Ordnung wortgleich übernommen. Als der Revisionsprozess schliesslich am 24. Mai 1731 sein Ende fand, wurde die Ratskommission beauftragt, eine Eidformel für die Ratsredner zu entwerfen (StAZH B II 792, S. 137-138). Der Vorschlag für den Eid erfolgte am 4. Juni 1731 (StAZH A 68.2) und wurde am 21. Juni 1731 im Rat vorgelesen und einstimmig gutgeheissen. Am selben Tag verordneten die Ratsherren zudem, dass die revidierte Ratsrednerordnung und der Eid gedruckt und publiziert werden sollen (StAZH B II 792, S. 164-166).
Zu den Fürsprechern und Ratsrednern vgl. Pahud de Mortanges/Prêtre 1998, S. 9-47; Bauhofer 1943a, S. 107-110; Bauhofer 1927.
Testo editionale
Der Raths-Redneren Ordnung und Eyd
Erneueret und publiciModifica dei caratteriret Anno 1731Data di origine: 1.1.1731 – 31.12.1731.
[fol. 1v]Interruzione di pagina [fol. 2r]Interruzione di paginaDer Raths-Redneren Ordnung
[3] Der Redneren Besoldungen betreffende sollen selbige hinfuͤro bestaͤndig seyn und beobachtet werden / wie hernachfolget.1
a. Von einem Vortrag / der keinen Gegentheil oder Widerstand hat / Zehen SchillingValuta: 10 scellini . Doch / so sie armen Leuthen etwas anzubringen haͤtten / sollen sie denen gar nichts abnemmen / sondern umsonst reden.
b. Von einer Weisung oder AppellationModifica dei caratteri, auch von Haͤndlen so Erb- und Eigen- oder sonsten Nammhafft- und Ehehaffte / Hoͤf und Guͤter beruͤhren, Zwey und Dreysig SchillingValuta: 32 scellini .
Muͤßte aber einer in gleicher Sach mehr als einmahl vor Raht oder Verordnung reden / gehoͤren ihme fuͤr jedes mahl Sechszehen SchillingValuta: 16 scellini .
c. Aber von gemeinen taͤglichenPeriodo: schlechten Sachen / es seyen um Frefel / Bussen / oder andere kleine Ding / ob er schon einen Gegentheil hat und die Widerparth zahlen muß / mehr nicht als Sechszehen SchillingValuta: 16 scellini .
d. Item / auf das Land in Untergaͤngen / oder Augenscheinen / oder anderen Geschaͤfften / darzu ein Redner erforderet wird / solle einer haben jeden TagPeriodo: Ein GuldenValuta: 1 fiorino / darzu Futher und Mahl / samt dem Roß-Lohn / Beschlag- und Sattel-Gelt / so er desse bedoͤrffen und etwas ausgeben wurde / darzu des Tags so er heimkomt / vor das Nacht-Mahl Fuͤnf SchillingValuta: 5 scellini .
[fol. 3v]Interruzione di paginae. Weiters / als die obbestimmt / sollen die Redner nicht fordern moͤgen / auch bey allen vorkommenden Obrigkeitlichen und offentlichen Rechnungen / einiche Redner-Loͤhne gutgeheissen werden / als was diserer Tax vermag.
Mit denen Verehrungen aber / welche zu groͤssester Beschwerd bisdahin so gar uͤbergroß gemachet worden / und darmit man die eint- und andern Redner kaum vernuͤgen moͤgen / soll es koͤnfftighin also gehalten werden; daß ihnen zwahr wohl / aus gutem freyen Willen / eine Verehrung / aber nicht mehr als von EinerValuta: 1 ducato - bis hoͤchstens Zehen DucatenValuta: 10 ducati / und zwahr disere nicht anderst dann von denen wichtigst- und weitlaͤuffigst- lang gedaurten ProcessModifica dei caratterien / fuͤr alle ihre darbey gehabte Muͤhe und Arbeit und was darvon immer abhangen moͤchte / auch erst nach geendetem voͤlligem ProcessModifica dei caratteri, sollen moͤgen gegeben werden: Wofehrn aber diese Summa uͤbertretten wurde / solle nicht nur das / was die zehen DucatenValuta: 10 ducati uͤbersteiget / confisciModifica dei caratteriret / sondern auch so gar der Geber und Empfanger um Einhundert ThalerValuta: 100 talleri gebuͤßt und je nach Beschaffenheit der Sach der Redner annoch eintweders auf eine Zeit lang von seinem Dienst suspenModifica dei caratteridiret oder desselben gar entsetzet; Demjenigen aber / der ein solches / es geschehe uͤber kurz oder lang / laͤidete / der Vierte TheilQuantità: 0.25 der confiscirModifica dei caratteriten Verehrung zugestellet; Wurde aber der Geber oder Empfanger selbsten es anzeigen / er der ConfiscationModifica dei caratteri und Buß enthebt werden. Wofehrn aber auch ein Redner mehrers forderte / als ihme seine Parthey freyen Willens gegeben / es mag wenig oder vil seyn / und sich dessen nicht benuͤgte / auch deßwegen scheinbahrer Raach und Feindschafft gegen selbiger ausuͤben wurde / und dieselbe es bey koͤnfftigen Anlaͤsen entgelten liesse / der solle auf ein solch einlangende Klag um Zehen Marck SilbersValuta: 10 mark argento unnachlaͤßlich gebuͤßt werden.
[fol. 4r]Interruzione di paginaf. Solle auch vorausgefuͤhrte des Redner-Lohns halber errichtete Ordnung / auf alle diejenige Personen / Froͤmde oder Heimsch / so vor hiesiger Stadt- oder Landschaffts-TribunaliModifica dei caratterien zuthun haben und Redner gebrauchen / sich erstrecken.
g. Denen Raths-Redneren soll zwahren so vil moͤglich / mit Voͤgtlichen Geschaͤfften verschohnet werden; So sie aber deren bekaͤmen / sollen sie verpflichtet seyn die Schirm-Ordnung und Tax getreulich zuhalten.
h. Wann auch eine Parthey in die Koͤsten verfaͤllet wurde / sollen derselben fuͤr Redner-Lohn mehrers nicht als die gemachte Ordnung vermag / aufgerechnet werden / uͤbrigens auch die Redner auf niemanden nuͤtzid zehren.
i. Wann auch einer einen Redner anspraͤche / vor ihne zureden / so solle dann der Redner nicht dem / so ihne erst hernach ansprichet / sondern dem / der ihne zuerst angesprochen / reden.
Es solle ins koͤnfftig keiner der hiesigen Raths-Redneren / von einichen Fuͤrsten oder Herren / Staͤdten / Kloͤstern / geistlichen und weltlichen Staͤnden / auch sonsten von niemandem uͤberall / zu ihrem eigenen und bestaͤndigen ProcuratorModifica dei caratterien sich bestellen zulassen / und von denenselben einiche Bestallung / Warth-Dienst- und Neujohr-Gelt / oder wie solches immer genennet werden moͤchte / es seye an Gelt oder Gelts werth / trockenen oder nassen Fruͤchten / etcAbbreviazione zubeziehen / befuͤgt seyn; Allermassen / im Fahl dasselbe von dem eint- oder anderen / uͤber kurtz oder lang / an Tag kaͤme / ein solcher als ein Ubertretter des Pensionen-Brieffs2 / je nach Beschaffenheit seines Fehlers / an Leib / Ehr und Guth / ohne verschohnen abgestraffet werden solle.
Der Raths-Redneren Eyd
[4] Ihr die Raths-Redner sollet schweeren / Unseren Gnaͤdigen Herren / Burgermeister / Klein- und Grossen Raͤthen der Stadt ZuͤrichLuogo: Organizzazione: / getreu / gewaͤrthig und gehorsam zusein / Dero Nuzen und Frommen / best euers Vermoͤgens / zufoͤrderen / und Ihren Schaden zuwahrnen und zuwenden; In Sachen und Handlungen / so wider unsers Stands Saz- und Ordnungen lauffen und offenbahr unrecht waͤren / euch keineswegs gebrauchen zulassen; Denen Partheyen / so euerer Hilff- und Beystand vonnoͤthen haben / sie seyind Froͤmd oder Heimsch / Reich oder Arm / in der Stadt / auf dem Land / oder denen TagsazungenOrganizzazione: / euch gleich getreulich und mit allem Fleiß anzunemmen; Ihre Sachen nach bestem euerem Verstand und Vermoͤgen fuͤrzubringen / und darinn wuͤssentlich keinerley Falschheit / Unwarheit oder Unrecht zugebrauchen / oder gefaͤhrliche Aufschuͤb / zu Verlaͤngerung der Sachen und Schaden euerer Parthey / zusuchen; Auch mit eurem Gegentheil / in dem Handel / darum es allwegen zuthun seyn wird / keine Gemeinsame / weder schrifft- noch mundlich / zupflegen / demselbigen ohne Vorwuͤssen und Befehl / euerer Partheyen / weder Schrifften zuzustellen / oder Heimlichkeiten zuoffenbahren; Endlich auch von niemandem einiche Mieth / Gaaben oder Schenckungen / es seye an Gelt oder Gelts werth zunemmen oder jemandem derley zugeben oder zuverheissen.
Alles getreulich und ohne Gefahr!
Annotatione
- Omissione, completato per analogia.↩
- In der Gerichtsordnung von 1716 sind die Besoldungsansätze für die Ratsredner teilweise halb so hoch: SSRQ ZH NF I/1/11 42-1.↩
- Gemeint ist der Pensionenbrief von 1713 (StAZH B III 8, fol. 18r-17v).↩
Regesto