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SSRQ ZH NF I/1/3 120-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis Reformation), da Michael Schaffner

Citazione: SSRQ ZH NF I/1/3 120-1

Licenza: CC BY-NC-SA

Mandat der Stadt Zürich betreffend Entfernung der Heiligenbilder

1524 giugno 15.

Nachdem Bürgermeister, Kleiner und Grosser Rat der Stadt Zürich aus dem Wort Gottes sowie in Gesprächen mit einheimischen und fremden Gelehrten erfahren haben, dass Gott in der Bibel die Bilder und Götzen verboten habe, ordnen sie die Entfernung der Bilder von allen Orten an, an denen sie verehrt werden. Was bisher für Bilder verwendet worden ist, soll nunmehr der Armenpflege zugutekommen. Weiterhin ist es den Kirchgemeinden erlaubt, mit Bildern und Altartafeln, die sie aus gemeinem Kirchengut finanziert haben, so zu handeln, wie es die Mehrheit beschliesst. Wer selber Bilder in die Kirchen gestiftet hat, ist ermächtigt, diese wieder an sich zu nehmen. Sämtliche Leutpriester und Prädikanten werden beauftragt, das wahre Wort Gottes zu verkünden. Der Beschluss erfolgt unter Vorbehalt der besseren Belehrung durch das Evangelium.

Nachdem in ZürichLuogo: bereits im September 1523 erste ikonoklastische Handlungen stattgefunden hatten, entschied sich der RatOrganizzazione: mit dem vorliegenden Mandat für die obrigkeitlich kontrollierte Entfernung der Bilder aus den städtischen Kirchen. Ein gemeinsam mit dem Mandat verabschiedeter Ausführungsbeschluss regelte die Einzelheiten der Räumung und benannte die dafür Verantwortlichen (StAZH B VI 249, fol. 111v).

Hatte der RatOrganizzazione: in einem früheren Mandat noch eine abwartende Position bezogen und das eigenmächtige Entfernen oder Beschädigen von Bildern unter Strafe gestellt (SSRQ ZH NF I/1/3 118-1), wurde er nicht zuletzt durch Bilderstürme auf der Landschaft (in StadelhofenLuogo: , WeiningenLuogo: , StammheimLuogo: sowie zuletzt in ZollikonLuogo: ) zur Klärung der Situation veranlasst. Unmittelbar nach den Ereignissen von ZollikonLuogo: erging deshalb ein Schreiben an die drei Leutpriester der Stadt ZürichLuogo: sowie an den Abt von KappelLuogo: , den Komtur von KüsnachtLuogo: und den Propst von EmbrachLuogo: mit der Bitte, zur Bilderfrage Stellung zu nehmen (StAZH B VI 249, fol. 107r). Das daraufhin von Huldrych ZwingliPersona: verfasste Gutachten ging Ende Mai ein (StAZH E II 341, fol. 3251r-3260r; Edition: Zwingli, Werke, Bd. 3, Nr. 35, S. 114-131).

Gemäss Gerold EdlibachPersona: scheiterte kurz vor Erlass des vorliegenden Mandats ein erster Versuch, die Bilder aus den Kirchen zu entfernen am Widerstand von Teilen der Bevölkerung (Edlibach, Aufzeichnungen, S. 56). Zur endgültigen Entscheidung dürfte auch der plötzliche Tod des bilderfreundlichen Bürgermeisters Marx RöistPersona: beigetragen haben (Jezler 1990, S. 154). Die Entfernung der Bilder dauerte rund zwei Wochen, die wichtigsten zeitgenössischen Berichte stammen von Gerold EdlibachPersona: (Edlibach, Aufzeichnungen, S. 56-57) und Bernhard WyssPersona: (Wyss, Chronik, S. 40-44).

Zum vorliegenden Mandat sowie allgemein zum ZürcherLuogo: Bildersturm vgl. Jezler 2018; Jezler 2000; Stucki 1996, S. 195; Jezler 1990, S. 154-155.

Testo editionale

a–Wie man mit den kilchen goͤtzen handlen solAggiunta al di sopra della riga da un’altra mano–a

Allsdann unser gnedig herrenn, bu̍rgermeister, ratt unnd der gros ratt, so man nempt die zweyhundert der statt Zu̍richLuogo: Organizzazione: , durch das war, goͤttlich wort bericht und in den vergangnen gesprechenn iro unnd andere gelertenn, ouch sidhar durch niemas anders erfundenn, dann das der allmechtig gott im altenn unnd nuwen testament die bilder oder goͤtzenn verbottenn hatt zuͦmachenn, denen dhein eer zuͦbewyßenn, uff das habent die genantenn unser herrenn nach geheptem ratt, gott zuͦ lob unnd erenn unnd damit der selb allein in der mentschenn hertzen geeret unnd angepaͤtten werde, angesechenn unnd beschlossenn, die bilder oder goͤtzenn an allen ortenn, wo die geeret werdent, hinweg zetuͦnd, damit mencklich sich von den goͤtzenn gantz unnd gar zuͦ dem lebendigenn warenn gott kery unnd ein jeder alle hilff unnd trost by dem einigenn gott durch unsern herren Jesum ChristumPersona: suͦche, den allein anruͤffe unnd im er bewyße.
Unnd die guͤter unnd costenn, so an solliche bilder b gelegt, soͤllent an die armen, du̍rfftigenn mentschenn, die ein ware bildung gottes sind, verwent werdenn.
Und wiewol die gedachtenn unser herrenn niemas zuͦ sollichem noͤtent, jedoch ist ir meynung, wie vormalenn, ob ein gemeyne kilchhoͤri gemeinlich bilder unnd tafflen miteinandernn in gemeynem costenn gemacht, das sy die, wo es dem merenteil under inenn gefalt, da ouch das mer vorgan sol, miteinandern dannen tuͦn moͤgenn. Doch das sollichs in byweßen [p. 2]Interruzione di pagina irs pfarrers unnd ettlichenn darzuͦ verordnetenn zu̍chtigklich, ordenlich unnd ane unfuͦr zuͦgange.
Ob ouch jemas in sinen costenn bilder gemacht, der mag die fu̍r sich selbs zuͦ sinen handenn nëmmenn, von mengklichem unverhindert.1
Es wellent ouch die bestimptenn unser gnedig herren uß krafft ir oberkeit allen unnd jeden iren luppriestern und predicanten gepottenn habenn, das sy das war wort gottes in denenn unnd allenn christenlichenn stuckenn tru̍lich unnd erntstlich verku̍ndent unnd dasselbig demnach lassent wircken, damit aller syg des goͤttlichenn worts unnd nit des mentschenn gepots sye. Unnd u̍ber das alles sind nachmals die bestimpten unser gnedig herren jetz unnd zuͦku̍nfftigenn ziten urpu̍ttig, ob jemas uß rechter evangelischer geschrifft hiewider warlichers unnd gottlichers darbringen moͤg, desselbenn zuͦerwarten unnd demnach sich guͤttlich wyßen lassenn.
Actum uff sant VitsPersona: tag anno etcAbbreviazione xxiiijData di origine: 15.6.1524

Annotatione

  1. Aggiunta al di sopra della riga da un’altra mano.
  2. Soppressione: gemacht.
  1. Die Bestimmungen betreffend von Einzelpersonen gestiftete und durch die Kirchgemeinden kollektiv finanzierte Bilder finden sich bereits im Mandat vom Oktober 1523 (SSRQ ZH NF I/1/3 118-1).