SSRQ ZH NF I/1/11 75-1
Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die
Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 11:
Gedruckte Mandate für Stadt und/oder Landschaft Zürich, von Sandra Reisinger
Zitation: SSRQ ZH NF I/1/11 75-1
Lizenz: CC BY-NC-SA
Ordnung der Stadt Zürich betreffend Mehlverkauf und Brotverkauf auf der Landschaft
1774 Februar 10.
Stückbeschreibung
- Signatur: StAZH III AAb 1.14, Nr. 40
- Originaldatierung: 1774 Februar 10 Überlieferung: Druckschrift, 7 S.
- Beschreibstoff: Papier
- Format B × H (cm): 17.5 × 22.0
- Sprache: Deutsch
-
Edition
- SBPOZH, Bd. 4, Nr. 26 B, S. 212-215
Nachweis
- Schott-Volm, Repertorium, S. 1029, Nr. 1806
Kommentar
Im Jahre 1770 kam es zwischen den MüllernOrganisation: und BäckernOrganisation: der Stadt ZürichOrt: zu Konflikten, die im Zusammenhang mit den gemeinsam organisierten Käufen auf dem Kornmarkt standen. Mit der Müllerordnung vom 11. Oktober 1770 setzte der RatOrganisation: der Auseinandersetzung ein Ende, indem er den städtischen MüllernOrganisation: den Einkauf von Getreide im Kornhaus sowie den Mehlhandel verbot (StAZH III AAb 1.13, Nr. 75). Daraufhin reagierten die MüllerOrganisation: , indem sie am 5. Februar 1772 zunächst einen Vergleich der neuen Müllerordnung mit früheren Ordnungen anstellten (StAZH A 77.1). Anlass zur Kritik gab dabei hauptsächlich die neue Regelung, dass der Mahllohn, falls er in Bargeld statt in Naturalienform (2 Immi pro Mütt Getreide) bezahlt wurde, ab einem Preis von 8 Gulden pro Mütt Getreide nicht mehr proportional ansteigen sollte, sondern dann auf 20 Schilling festgelegt wurde. Allerdings hatte der Rat in der Müllerordnung von 1770 die bestehende Praxis legalisiert, dass die MüllerOrganisation: für ihren Lohn von 2 Immi das leicht grössere Vierlingsmass verwenden durften, was in Wirklichkeit 2 1/14 Immi entsprach. Damit war eine stillschweigende Erhöhung des Mahllohns erfolgt. Da die Kunden jedoch im 18. Jahrhundert grundsätzlich die Möglichkeit hatten, den Mahllohn in Geld zu bezahlen, verlor der maximale Lohn von 20 Schilling in Zeiten der Inflation, wie dies in den Jahren 1770/1771 der Fall war, an Wert (zur Teuerung von 1770/1771 vgl. Erläuterungen zur Feilerordnung 1770: SSRQ ZH NF I/1/11 68-1). Kritisiert wurde ausserdem das Verbot des zweizügigen Mahlens, da mit dem einzügigen Mahlen nur dunkleres Mehl produziert werden könne, was dazu führte, dass die Kunden das gewünschte Mehl anderweitig, beispielsweise bei den Landbäckern besorgen würden.
Im Anschluss an ihre Beschwerden befragte die KornhauskommissionOrganisation: am 25. März 1772 die MüllerOrganisation: und verfasste am 27. Juni 1772 ein Gutachten, worin vorgeschlagen wurde, dass, falls der Preis pro Mütt Getreide auf 6 Gulden fallen sollte, die KornhauskommissionOrganisation: den Mahllohn neu festlegen würde (StAZH A 77.1; StAZH B III 325, S. 144-151). Diese Vorschläge fanden Eingang in die gedruckte Verordnung vom 2. Juli 1772 (StAZH III AAb 1.14, Nr. 16).
Als am 28. September 1773 der Getreidepreis tatsächlich auf 6 Gulden pro Mütt fiel, trug der RatOrganisation: der KornhauskommissionOrganisation: auf, ein erneutes Gutachten betreffend Mahllohn auszuarbeiten (StAZH B II 962, S. 120). Die KornhauskommissionOrganisation: liess am 27. November 1773 verlauten, dass sie vor Abfassung des Gutachtens zunächst die MüllerOrganisation: diesbezüglich befragen wollte (StAZH A 77.1).
Am 4. Dezember 1773 verfasste die KornhauskommissionOrganisation: schliesslich ein Gutachten, worin im ersten Teil mehrere Artikel für eine Ordnung der Landmüller und Landbäcker vorgeschlagen wurden (StAZH A 77.2; StAZH B III 325, S. 218-223). Grund dafür waren die von der KornhauskommissionOrganisation: am 4. November 1772 angesprochenen Missbräuche auf der Landschaft. So wurde den Landleuten mit Bohnen gemischtes Getreidemehl (schwarzes Mehl) für den Preis von reinem Mehl (weisses Mehl) sowie dunkles Brot für den Preis von Weissbrot verkauft. Des Weiteren betrogen die Müller ihre Kunden auf der Landschaft absichtlich, indem sie das Mehl statt mit den vorgesehenen Gewichten mit Volumenmassen abmassen. Dies kam insbesondere in den Orten vor, in denen es keine öffentlichen Mehlwaagen gab (StAZH B III 325, S. 204-205). Die obrigkeitlichen Bemühungen der Verpflichtung der MüllerOrganisation: , auf Gewicht zu mahlen, bestanden seit dem 16. Jahrhundert und fanden im 18. Jahrhundert auch Eingang in die obrigkeitlichen Mehlproben (vgl. Mehlprobe von 1778: SSRQ ZH NF I/1/11, Nr. 81).
Der RatOrganisation: hiess die Vorschläge am 10. Februar 1774 gut und verordnete den Druck der vorliegenden Ordnung (StAZH B II 964, S. 69-71). Im zweiten Teil des Gutachtens vom 4. Dezember nannten die Verordneten der KornhauskommissionOrganisation: Gründe, die für und gegen die Wiedereinführung des Mehlhandels für die StadtmüllerOrganisation: sprachen. Dafür sprach unter anderem, dass mit der Einfrierung des Mahllohns ab 8 Gulden pro Mütt Getreide die MüllerOrganisation: finanziell schlechter dastehen würden.
Der RatOrganisation: besprach den zweiten Teil des Gutachtens am 15. Februar 1774 und verordnete, dass zwar die Bestimmungen betreffend Mahllohn von 1770 weiterhin Gültigkeit haben sollten, aber dass den StadtmüllernOrganisation: der Mehlhandel wieder erlaubt sein solle (StAZH B II 964, S. 77-78). Bevor aber eine Ordnung erlassen werden könne, musste die KornhauskommissionOrganisation: in einem weiteren Gutachten Vorschläge für genaue Regelungen bezüglich des Mehlverkaufs der StadtmüllerOrganisation: ausarbeiten, was am 19. Februar 1774 geschah (StAZH A 77.1). Die Vorschläge beinhalteten unter anderem den Gebrauch von Waagen sowohl beim Verkauf des reinen Getreidemehls (weisses Mehl) wie auch des mit Bohnenmehl gemischten Getreidemehls (schwarzes Mehl). Die Vorschläge wurden schliesslich vom RatOrganisation: angenommen und in der gedruckten Müllerordnung vom 28. Februar 1774, die im Anhang die vorliegende Ordnung der Landmüller und Landbäcker enthält, aufgeführt (StAZH III AAb 1.14, Nr. 39).
Zu den MüllernOrganisation: und BäckernOrganisation: in ZürichOrt: vgl. Brühlmeier 2013; Klaassen 1996, S. 27-49; Giger 1990.
Editionstext
Ordnung uͤber den Maͤhl- und Brod-Verkauf auf der Landschaft
Holzschnitt
Gedrukt, Anno 1774Datum: 1774.
[S. 2]Seitenumbruch [S. 3]SeitenumbruchWir Burgermeister, Klein und Grosse Raͤthe, so man nennet die Zweyhundert der Stadt ZuͤrichOrt: Organisation: etcAbkürzung Unseren gnaͤdigen Gruß, goͤnstigen Willen, und alles Guts zuvor.
Demnach wir die Zeit har wieder alles Vermuthen und Erwartung in Erfahrung gebracht haben, was gestalten sint Publication Unserer in Anno 1770Datum: 1770Schriftwechsel aus Landesvaͤterlichen Betrachtungen, bestimmten Muͤller- und Beken-Ordnung1 Unsere Lieben Angehoͤrige auf der Landschaft durch eingeschliechene Mißbraͤuche in Absicht des Gewichts und der Qualitaͤt des in den Muͤllenen erkaufenden Maͤhls eben nicht gebuͤhrender massen gehalten, sonder anstatt mit weissem, uͤberhaupt mit schwarzem Maͤhl versehen werden; So haben Wir Uns allerdings bemuͤßiget gesehen, auf diese Unordnung die gehoͤrige Aufmerksamkeit zu wenden, und zu derselben Abschaffung in Beherzigung des daher fuͤr den Landmann entspringenden Nachtheils, in sorgfaͤltige Berathung zu tretten, wie Wir dann zu derselben Erleichterung und ersprießlichem Trost uͤber den Verkauf des Maͤhls und auch des Brods in den Muͤllenen und Bekereyen auf der Landschaft nachfolgende ernstgemeinte Ver[S. 4]Seitenumbruchordnung getroffen und durch derselben offentliche Verkuͤndung ab allen Canzlen Unsers ganzen Landes eingefuͤhrt haben wollen; Und ist zwar
Bestimmungen für die Landmüller
2. Bey dem Maͤhl-Handel das ungewisse Maͤs voͤllig abgeschaffet, und dargegen das weniger trugliche und weit sicherere Gewicht in allen Muͤhlenen eingefuͤhrt, zu diesem Ende
3. Alle MuͤllereOrganisation: angehalten werden sollen, sich ordentliche Kennel-Waagen und gefochtene Gewichte anzuschaffen, und sie in guter Ordnung zu erhalten; allermassen Unserem Oberkeitlich gesetzten Waradein obliegen wird, je zu drey JahrenWiederholte Zeitspanne: 3 Jahre in alle Land-Muͤllenen hinzukehren, um daselbst Waag und Gewichte genau zu besichtigen und zu fechten.
4. Ist hiermit einer jeden Gemeind auferlegt, zu Erprobung des Maͤhls sich auf ihre Kosten mit einem dazu verfertigten Stahel zu versehen.
5. Es solle zwar das zweyzuͤgige Mahlen weiters [S. 5]Seitenumbruch gestattet, hergegen aber auch der Unterscheid von schwarzem und weissem Maͤhl angenohmen, deme zufolg
6. Der Preiß des Pfunds weissen MaͤhlsGewicht: 1 Pfund Mehl auf einen HallerWährung: 1 Haller unter der Helfte des weissen Brodschlags, und des Pfunds schwarzen MaͤhlsGewicht: 1 Pfund Mehl auf einen HallerWährung: 1 Haller unter der halben Schazung des schwarzen Brods, so lange der Preiß der Kernens zwischen 5 Währung: 5 Gulden und 6 Währung: 6 Gulden giltet, bestimmt, mithin wenn selbiger uͤber 6 Währung: 6 Gulden steiget, den Preiß des Pfunds weissen und schwarzen MaͤhlsGewicht: 1 Pfund Mehl billigmaͤßig zu stipulieren, Uns vorbehalten seyn, immittelst den MuͤllerenOrganisation: gaͤnzlich obliegen solle, bestaͤndig beyde Gattungen Maͤhls zum Verkauf in Bereitschaft zu haben.
In Ansehung der Land-Beken
Geben Donnstags den 10. Hornungs, nach der heilwerthen Geburt Christi unsers einigen Erloͤsers, gezehlt, Eintausend, Siebenhundert, Siebenzig und Vier JahreOriginaldatierung: 10.2.1774.
Canzley der Stadt ZuͤrichOrt: Organisation: .
[S. 7]SeitenumbruchBestimmung des Maler-Lohns an Geld
Nach dem vestgesetzten Grundsatz, daß dem MuͤllerOrganisation: vom MuͤttVolumenmass: 1 Mütt Mehl der sechszehnde Theil, oder ein VierlingVolumenmass: 1 Vierling Mehl gebuͤhre; und der Werth desselben nach dem Mittel-Kernen-Schlag, an Geld bezahlt werden koͤnne.
Kernen-Schlag | Muͤlli-Lohn vom Muͤtt. | |||
| | | HallerIn der Vorlage: Hlr | |
3Währung: 3 Gulden . | " | " " " " " | 7Währung: 7 Schillinge . | 6Währung: 6 Haller . |
3Währung: 3 Gulden . | 10Währung: 10 Schillinge . | " " " " " | 8Währung: 8 Schillinge . | 1 ½Währung: 1.5 Haller . |
3Währung: 3 Gulden . | 20Währung: 20 Schillinge . | " " " " " | 8Währung: 8 Schillinge . | 9Währung: 9 Haller . |
3Währung: 3 Gulden . | 30Währung: 30 Schillinge . | " " " " " | 9Währung: 9 Schillinge . | 4 ½Währung: 4.5 Haller . |
4Währung: 4 Gulden . | " | " " " " " | 10Währung: 10 Schillinge . | " |
4Währung: 4 Gulden . | 10Währung: 10 Schillinge . | " " " " " | 10Währung: 10 Schillinge . | 7 ½Währung: 7.5 Haller . |
4Währung: 4 Gulden . | 20Währung: 20 Schillinge . | " " " " " | 11Währung: 11 Schillinge . | 3Währung: 3 Haller . |
4Währung: 4 Gulden . | 30Währung: 30 Schillinge . | " " " " " | 11Währung: 11 Schillinge . | 10 ½Währung: 10.5 Haller . |
5Währung: 5 Gulden . | " | " " " " " | 12Währung: 12 Schillinge . | 6Währung: 6 Haller . |
5Währung: 5 Gulden . | 10Währung: 10 Schillinge . | " " " " " | 13Währung: 13 Schillinge . | 1 ½Währung: 1.5 Haller . |
5Währung: 5 Gulden . | 20Währung: 20 Schillinge . | " " " " " | 13Währung: 13 Schillinge . | 9Währung: 9 Haller . |
5Währung: 5 Gulden . | 30Währung: 30 Schillinge . | " " " " " | 14Währung: 14 Schillinge . | 4 ½Währung: 4.5 Haller . |
6Währung: 6 Gulden . | " | " " " " " | 15Währung: 15 Schillinge . | " |
6Währung: 6 Gulden . | 10Währung: 10 Schillinge . | " " " " " | 15Währung: 15 Schillinge . | 7 ½Währung: 7.5 Haller . |
6Währung: 6 Gulden . | 20Währung: 20 Schillinge . | " " " " " | 16Währung: 16 Schillinge . | 3Währung: 3 Haller . |
6Währung: 6 Gulden . | 30Währung: 30 Schillinge . | " " " " " | 16Währung: 16 Schillinge . | 10 ½Währung: 10.5 Haller . |
7Währung: 7 Gulden . | " | " " " " " | 17Währung: 17 Schillinge . | 6Währung: 6 Haller . |
7Währung: 7 Gulden . | 10Währung: 10 Schillinge . | " " " " " | 18Währung: 18 Schillinge . | 1 ½Währung: 1.5 Haller . |
7Währung: 7 Gulden . | 20Währung: 20 Schillinge . | " " " " " | 18Währung: 18 Schillinge . | 9Währung: 9 Haller . |
7Währung: 7 Gulden . | 30Währung: 30 Schillinge . | " " " " " | 19Währung: 19 Schillinge . | 4 ½Währung: 4.5 Haller . |
8Währung: 8 Gulden . | " | " " " " " | 20Währung: 20 Schillinge . | " |
Wann der Kernen-Schlag hoͤher gehet, wird dem MuͤllerOrganisation: fuͤr den Vierling Muͤlli-Lohn nicht mehr als 20 SchillingWährung: 20 Schillinge bezahlt.
[S. 8]Seitenumbruch
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