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SSRQ SG III/4 209-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, XIV. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons St. Gallen, Dritter Teil: Die Landschaften und Landstädte, Band 4: Die Rechtsquellen der Region Werdenberg: Grafschaft Werdenberg und Herrschaft Wartau, Freiherrschaft Sax-Forstegg und Herrschaft Hohensax-Gams, da Sibylle Malamud

Citazione: SSRQ SG III/4 209-1

Licenza: CC BY-NC-SA

Appellationsurteil von Landammann und Rat von Glarus im Streit zwischen den armen und reichen Gemeindegenossen bzw. den Gemeindegenossen, die kein Vieh besitzen und den Viehbesitzern, von Grabs um die gemeinsame Nutzung von Allmende und Alpen

1713 maggio 11.

Landammann und Rat von Glarus holen im Streit zwischen den armen und reichen Gemeindegenossen von Grabs Erkundigungen ein:

1. Die Armen (Gemeindegenossen, die kein Vieh besitzen) wünschen eine Veränderung des Legibriefes.

2. Die Armen teilen sich in zwei Gruppen. Die grössere geht auf das Angebot der Reichen (Viehbesitzer) ein, die kleinere will die Klage weiterziehen.

3. Die Kosten belaufen sich auf beiden Seiten auf über 400 Gulden.

Darauf wird folgendes Urteil gefällt:

1. Die bereits gefällten Urteile in dieser Sache sind ungültig.

2. Der Legibrief bleibt für die festgesetzte Zeit in Kraft. Nachher können in Absprache mit der Obrigkeit Veränderungen vorgenommen werden.

3. Jede Partei trägt ihre Kosten selbst.

4. Die Armen dürfen in dieser strengen Zeit Obst und Heu auf den Allmenden sowie die Streue auf der Allmend Püls einsammeln.

Der Aussteller siegelt.

  • Collocazione: OGA Grabs O 1713-1
  • Data di origine: 1713 maggio 11 (Neuer Kalender)
  • Tradizione: Original (Doppelblatt)
  • Supporto alla scrittura: Papier
  • Formato l × a (cm): 21.0 × 34.0
  • 1 sigillo:
    1. GlarusOrganizzazione: , sigillo sotto carta, rotonda, aderente, ben conservato
  • Lingua: tedesco
  • Scriba: Cosmas TinnerPersona: , Landschreiber

  • Collocazione: LAGL AG III.2436:028
  • Precedente collocazione: LAGL X.
  • Data di origine: 1715 dicembre 25
  • Tradizione: Abschrift (Doppelblatt, 3 Seiten beschrieben)
  • Supporto alla scrittura: Papier
  • Formato l × a (cm): 21.0 × 33.0
  • Lingua: tedesco
  • Scriba: Abraham Tinner, Pfarrer der Gemeinde

  1. Am 21. Mai 1680Data: 21.5.1680 klagenTermine: die armen GemeindegenossenTermine: (Genossen, die kein Vieh besitzen) gegen die «habenden gemeindtsgenoßen» (Viehbesitzer) von GrabsLuogo: betreffend die TeilungTermine: und BestossungTermine: der AlpenTermine: und AllmendenTermine: in GrabsLuogo: . Auf Seiten der ArmenTermine: klagen als Verordnete Hans MontaschinerPersona: , MeisterTermine: Dietrich VetschPersona: und Meister Andreas ZoggPersona: . Auf Seiten der Reichen stehen HauptmannTermine: ZoggPersona: , LandesfähnrichTermine: TischhauserPersona: und SäckelmeisterTermine: GrässliPersona: . Die beiden GesandtenTermine: von GlarusLuogo: urteilen zusammen mit dem neuen und alten LandvogtTermine: (SyndikatTermine: ), dass der VertragTermine: («gemächtßbrieffTermine: », hier wohl LegibriefTermine: ) bis zum HerbstTermine: gültig sein solle. Danach sollen die Reichen den ArmenTermine: , «die nur ein köülyTermine: haben oder gar keineß», «auß der steürTermine: gäben undt bezahlen namlichen 18 batzenValuta: 18 batzen . Welcher aber burgerTermine: (AusbürgerTermine: ) sindt undt an der steür nichtß haben, sollent die burger für ihre bürger zahlen». Nach Ablauf des Vertrags sollen die Ausschüsse der Armen und Reichen einen Vergleich suchen; können sie sich nicht einigen, sollen sie die Streitsache mit Erlaubnis des Landvogts an GlarusOrganizzazione: appellierenTermine: (OGA Grabs O 1680-1; vgl. dazu Lippuner 2018, S. 120–123 mit Transkription).

  2. Der Konflikt zwischen ArmenTermine: und ReichenTermine: in GrabsLuogo: um die AlpTermine: - und AllmendnutzungTermine: flammt um 1712Data: 1712 wieder auf. Am 14. November 1712Data: 14.11.1712 klagen die Verordneten der Besitzlosen gegen die Verordneten der Reichen, dass sie von ihrem AllmendrechtTermine: nicht profitieren, da sie wegen ihrer ArmutTermine: kein ViehTermine: auf die Gemeindealpen und Allmenden zu treiben haben. Darauf machen die Verordneten der Reichen drei Vorschläge, bei dem die Armen den Dritten annehmen. Doch die Viehbesitzer appellierenTermine: den Entscheid an den LandvogtTermine: , denn «der trattTermine: halber gehör den armmenTermine: nichts, es seye den richenTermine: ihr eigne sach». Der Landvogt bestätigt jedoch den von den Armen angenommenen dritten Vorschlag: Die AlpenTermine: und AllmendenTermine: sollen in StösseTermine: gelegt und von der TrattTermine: im FrühlingTermine: und im HerbstTermine: in Berg und Tal soll jeder GemeindegenosseTermine: jährlich für jedes TierTermine: einen bestimmten Betrag entrichten, der unter den GemeindegenossenTermine: verteilt wird. AmtleuteTermine: und der PfarrerTermine: von GrabsLuogo: müssen für das WeiderechtTermine: nichts bezahlen (LAGL AG III.2418:018; zu diesem Konflikt siehe auch LAGL AG III.2409:064AG III.2409:068; AG III.2409:086; AG III.2409:087; AG III.2418:016). Schliesslich fällt Glarus am 11. Mai 1713Data: 11.5.1713 den hier edierten Entscheid, der alle früheren Urteile für ungültig erklärt.

  3. In den 90er Jahren des 18. Jh.Data: 1790 – 1799 kommt es zu erneuten Konflikten zwischen Armen und Reichen in GrabsLuogo: um die TeilungTermine: des AllmendgutsTermine: sowie um weitere Artikel im Legibrief. Verlauf und Hintergründe des Konflikt sind eingehend von Schindler 1986, S. 277–305 dargestellt worden (vgl. auch die Dokumente in den beiden Dossiers LAGL AG III.2436 sowie LAGL AG III.2449:006; OGA Grabs O 1794-3 sowie den Streit um den neuen LegibriefTermine: in BuchsLuogo: , der zur gleichen Zeit ausbricht [LAGL AG III.2436]).

Testo editionale


Wir, landamman und ein gantz geseßner
rath zue GlarußLuogo:
Organizzazione:
, urkhunden offendtlichen
hiermit dieserem brieff, nach deme unß
zue sonderem mißfalhen zue vernemmen kommen,
welcher gestallten unßer liebe, getreüwe angehörige, die gmeindts genoßenTermine: in GrapßLuogo: in
unser grafschafft WerdenbergLuogo: , under sich selbst in
streithTermine: und mißverstendtnus gerathen umb die
gemeinsamme genießungTermine: der trathTermine: , allmeindenTermine:
und allpenTermine: daselbst gelegen. Wodurch sie in
ohnnötige und kostbare rechtshandlung verwicklet
worden, welche endtlich auch bis an uns gelangen
sollen. Haben wir zue vorkomnumgDa correggere in: vorkomnunga deße und
anderer schädlicher nachvolge auß landtsvätterlicher
sorgfahllt eine ohnumbgängliche notturfft zue sein
erachtet, eine wahrhaft gründtliche erkundigung
einzuehohllen:

1. Worumb die beiden partheyen, genoßen besagter
gemeind GrapsOrganizzazione: , under dem scheinbaren nammen
der armenTermine: eines, und der reichenTermine: anders
theils, eigendtlichen im streithTermine: seyend.

2. Wie viel auf der eint und anderen seithen
sich befinden.

3. Wie vil kostenTermine: jede parthey von dieser mißverstendtnus wegen schon gehabt habe. Deme
haben wir den ohnverenderlichen befelch beygefüegt, im fahl wir nach hierumb empfangenen
bericht befinden wurden, daß dieser sach rechtsfertigung weiters und bis an unß zuegestatten
seye, daß solches nit auf der gemeindtTermine: köstenTermine: ,
sonder auß jeden theils eignem sekelTermine: beschechen
solle, mit dem anhang, daß uns eine
ordenliche verzeichnuß überschickt werde, wer
sich auf die andere seithen schlage.

Allß unß nun der hierüber verlangte
bericht gebührend einkommen, haben wir so
viel ersehen können,

1., daß der dißfahls armTermine: genendten begehren
außert und über den lege-brieffTermine: schreite,
welchen die gemeind GrapsOrganizzazione: under sich selbsten [fol. 1v]Interruzione di pagina
auf gewüße jahrTermine: (1die noch nit außgeloffen
seind, aufgerichtet, angenommen und von dem
damahligen landtvogt bestettigen laßen hat.

2., daß die armTermine: genenten sich in iren gar
ohngleiche theil getheilt und der weith größere
mit dem anerbietten, welches diejenigen
ihnen gethan haben, so die reichernTermine: geheißen
worden, sich zue vernüegen erkläret, die übrigen
aber an der zahl 16Quantità: 162 den schluß gefaßet, den
appellantenTermine: im rechten red und antwurth
zuegeben.

3., daß beiderseiths gemachte köstenTermine: vierhundert
guldin
Valuta: 400 fiorini
übersteigen, welches halb die armenTermine:
genendten eine tadelhaffte ohnmaß gebraucht haben,
wie es die eingegebene specification gezeiget
hat.

Dahero unß von oberkeitlichem ambts wegen
obliget, diesen und der gantzen sach den höchstgefährlichen und zue zerrüttung aller gueter
ordnungen ziehlenden lauf abzueschneiden,
weßwegen wir mit einer landtsvätterlichen gemeinten einhelligkeit erkendt haben und erkennen
in krafft diß:

1., daß dieser sach halber die ausgefehllte urtlenTermine:
niemanden binden, sondern krafftloßTermine: sein sollen.

2., daß es bey dem aufgerichten und von
oberkeits wegen bekrefftigten lege-briefTermine: die
bestimbte jahr auß ohngeenderet verbleiben solle.
Welchem nach und wann er außgeloffen sein
wirt, es mit vorbehalt unßer oberhand, an
der gantzen gemeind GrapsOrganizzazione: oder dem mehrern
theil derselben stehen sol, von dem denzemahl
regierenden landtvogt deßen bestettigungTermine: von
neüwem zue begehren oder aber nach ihrer
gemeindt rechtTermine: und altem gebrauchTermine: die nötig
erachtende ender- und verbeßerung vorzuenemmen und darüber die oberkeitliche ratificationTermine: begehren zue laßen. Welches niemahlen
underbleiben sol, es bleibe gleich bey dem alten
oder es werde ettwas neüwes gemachet.

3. Die köstenTermine: , so über diese minder wohlbedachte [fol. 2r]Interruzione di pagina
rechtshandlung ergangen seind, sol jede parthey
die ihrigen auß eignem seckelTermine: bezahllen
und dernhalb weder die gemeind noch dem
gegentheil anzuefechten haben.

4. Laßen wir unß wohlgefahllen, daß diejenigen, so dißfahls die reicherenTermine: geheißen
worden, umb dieser gegenwertigen, strengen
zeith willen den armTermine: genendten theil
daß opsTermine: und daß heüwTermine: auf den allmeindenTermine:
wie auch die PülsLuogo: streüweTermine: allein zugenießen
freywillig anerbotten und überlaßen haben.
Welches anerbietten diese zum größern theil
danckhbarlich angehohmen, dahero unser will,
meinung und befelch ist, daß die überigen
sechszechenQuantità: 16 sich daran auch settigen und weitere
rechtsfertigung zuesuechen aufhören und abstehen sollen, so lieb ihnen ist, unser große
ungnad zue vermeiden.

Wir sind im überigen und zum beschluß, daß
gnädigen versehens zue einer ehrsammen gemeind
GrapsOrganizzazione: , sie werde diesere an die armTermine: genenten
umb dieser strengen zeith willen überlaßen:
Genießung des opsTermine: und heüwsTermine: auf den allmeindenTermine: und des PülsLuogo: streüweTermine: . Bey einer sich
ergebenden geringen beßerung nit grad widerum
zue gemeinen handen ziechen wollen, wie
sie deßen befüegt were, sondern ihre armen
alle zeith in eine gott und uns wohlgefehllige
betrachtung ziechen.

Deßen zue einem wahren urkundt und
bekrefftigung haben wir diesere, unsere erkandtnuß mit unserem gewohnten landts sigill,
jedoch uns an allen unseren rechten in allwäg
ohne schaden, verwahret übergeben laßen,
den 30. aprilis, 11. may anno 1713Data di origine: 11.5.1713 (),

CosmCosmas TinnerPersona: , ldtschrbrlandschreiber.
|Interruzione di pagina
[Nota dorsale sul verso da una mano del secolo XIX:]
ReicheTermine: und armeTermine:
[Nota dell'archivio sul verso:]
b 28; 1713; 5

Annotatione

  1. Da correggere in: vorkomnung.
  2. Soppressione: 29.
  1. Schliessung der Klammer fehlt.
  2. Im Kostenverzeichnis ist ein Verzeichnis mit 16 Namen der Armen, die in diesen Rechtshandel eingewilligt haben (LAGL AG III.2409:067).