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SSRQ SG III/4 113-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, XIV. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons St. Gallen, Dritter Teil: Die Landschaften und Landstädte, Band 4: Die Rechtsquellen der Region Werdenberg: Grafschaft Werdenberg und Herrschaft Wartau, Freiherrschaft Sax-Forstegg und Herrschaft Hohensax-Gams, da Sibylle Malamud

Citazione: SSRQ SG III/4 113-1

Licenza: CC BY-NC-SA

Landrat und Landvogt von Werdenberg klären einige umstrittene Punkte des Erbrechts

1529 novembre 3.

Jakob Knobel, Landvogt von Werdenberg, ruft einen Landrat aus allen Gemeinden zusammen, da das einst unter Landvogt Jost Tschudi begonnene aber noch nicht besiegelte Erbrecht in einigen Artikeln nicht verständlich ist. Mit den Vertretern der einzelnen Gemeinden diskutiert er besonders die zwei Artikel, die den Erbgang beim Fehlen von ehelichen Nachkommen klären.

Es wird in Abstimmung mit dem Erbrecht aus dem alten Landbrief entschieden:

1. Sind keine ehelichen Leiberben vorhanden, sollen eheliche Geschwister zwei Teile, die Grosseltern drei Teile erben; auf die Grosseltern väterlicherseits fällt die Hälfte von diesen drei Teilen und auf die Grosseltern mütterlicherseits ein Drittel. Beim Tod der Kinder erbt der Vater zwei Drittel und die Mutter einen Drittel. Was sonst im alten Landbrief steht, soll gültig bleiben.

2. Zuzüger, die ein Erbrecht haben, bei denen Enkel und Grosseltern nicht erben, sollen auch in Werdenberg nicht erben.

Auf Bitten von Mathias Pfiffer, Ammann Rudolf Mader, Christian Schlegel und Paul Schwarz, als Gewalthaber der Landschaft, siegelt Jakob Knobel.

  • Collocazione: LAGL AG III.2420:001
  • Precedente collocazione: LAGL 216
  • Data di origine: 1529 novembre 3 (mittwuch nach alerhelgen tag)
  • Tradizione: Original
  • Supporto alla scrittura: Pergament
  • Formato l × a (cm): 32.0 × 21.0 (Plica: 2.0 cm)
  • 1 sigillo:
    1. Landvogt Jakob KnobelPersona: , cera, rotonda, pendente da una stricia di pergamena, danneggiato
  • Lingua: tedesco

Die Erläuterungen zu den zwei Erbrechtsartikeln beziehen sich auf ein älteres ErbrechtTermine: von Landvogt Jost TschudiPersona: (vgl. Fussnote 2), das jedoch nicht mehr erhalten ist. Dieses muss um 1526Data: 1526 entstanden sein. Ebenso bezieht sich die Urkunde auf einen alten Landbrief bzw. ein altes LandrechtTermine: , das auch nicht mehr gefunden werden konnte. Das erste, erhaltene Landrecht stammt aus dem Jahr 1639Data: 1639 (SSRQ SG III/4 174-1). Wahrscheinlich wurden bei der Entstehung des neuen LandbuchsTermine: 1639Data: 1639 ältere Versionen kassiert. Das Landbuch von 1639 enthält ausführliche Bestimmungen zum Erbrecht von WerdenbergLuogo: .

Unklarheiten im Erbrecht bestehen vor allem bei der ErbnachfolgeTermine: im Falle fehlender ehelicher Nachkommen. In Übereinstimmung mit den beiden Erbrechtsartikeln im alten Landbrief erläutert Landvogt Jakob KnobelPersona: zusammen mit einem aus allen Gemeinden zusammengesetzten LandratTermine: die beiden Erbrechtsartikel folgendermassen:

Testo editionale


Ich, Jacob KnobilPersona: , lantman1 und des ratz zuͦ GlarisLuogo: , jetz minen genedigen herren von GlarisOrganizzazione: lantvogt
in der grafschafft WerdenbergLuogo: , bekene offenlich mit dissem brief, wie den vormalen ain her mit sampt
ainer lantschafftTermine: ain erbschafftbriefTermine: gemacht hand, den man non in etlichen articklen nit verston kan
und arm luitTermine: mitainander in recht und umb das ir komen. Hand also mich die lantluitTermine: angeruͤfft
als ain vogt miner heren, das ich ain lantzratTermine: zuͦ mir beruͦff und man hilflich sig und die jezigen
artickil fuir uns nemend und erluiterend, damit man bericht werd, wie man erbenTermine: söl, damit und
arm luit nit witer in costen und schaden kemend. Wie wol der anfang dis briefs by vogt Jos TschudisPersona: 2
zit beschechen sig, so sig es doch nit zuͦ end bracht und besiglet und recht bestet.
Also han ich, obgenanter
vogt KnobilPersona: , der fromen luiten von der grafschafft anruͤffen an gesechen. Won nach dem ich den lantbriefTermine: verstanden, so tunckt es mich nott und han aber zuͦ mir beruͤfft ain lantzratTermine: von alen gemaindaTermine:
im landTermine: mit volmechtigem gewalt und sind also über die sach gesessen und unsren besten flis darin gebrucht und die artickil fuir uns genomen, so uns not tunckt. Besunder die zwen artickil, die im alten lanttbriefTermine: stond, der ain, wo nit elich liberbenTermine: sigend, das enyTermine: und anaTermine: erbendTermine: . Der ander, wo nit elich liberben sigend, das elichy geschwuistertiTermine: erbend und aber nit sait, welhas vorgon soͤl.
Erkent sich ain
gantza lantzratTermine: mit mir und ich mit inan, wo nit elich liberbenTermine: und elichi geschwuistertyTermine: sigend, die
sölend erbenTermine: den zwen tail und enyTermine: und anaTermine: den tritail, eny und aana vater halb im selben tritail den
zwen tail, eny und ana muͦter halb den tritil, wie es den im alten lantbrief stat, das der vaterTermine: sin kind
erb den zwen tail und die muͦterTermine: den tritail und was der alt lantbriefTermine: sus wist mit alen punckten
und articklen, lat man ales in crefften ston untz alain den artickil, wie er ob stat.
Ouch witer het man sich erkent,
wo usserhalb miner heren grafschafft WerdenbergLuogo: lantrechtTermine: werend, das enchlyTermine: enyTermine: und anaTermine: nit arptind,
sölend hie in dissem land ouch nit erben.
Des zuͦ warem urkund, das fuirhin also gehalten werd, wie da
obstat, so hand wir, nachbenempte Mathis PfuiferPersona: , aman Ruͦdolf MaderPersona: , Cristen SchlegilPersona: , Pauly SchwartzPersona: ,
als volmechtig gewalthaber der gantzen lantschaftTermine: in der sach mit flis gepeten und erpeten, den fromen,
festen, fuirsichtigen, wissen Jacob KnobilPersona: , zuͦ der zit lantvogt zuͦ WerdenbergLuogo: , das er sin sigil fuir uns gehenckt hat an dissen brief und fuir al unser nochkomen, doch unsern heren von GlarisOrganizzazione: an ir herlichhait, ouch
im und sinen erben on schaden, geben am mitwuch nach alerhelgen tag nach Cristus gepuirt fuinfzehen
hundert zwentzig und im nuinden jar
Data di origine: 3.11.1529
.
|Interruzione di pagina
[Nota dorsale sul verso da una mano del secolo XVI:]
Lütterung über das landtrechtTermine:
a
[Nota dell'archivio sul verso:] bNo 216

Annotatione

  1. Aggiunta al di sotto della riga da una mano più recente: in den erbrechtenTermine: aoAbbreviazione 1529 zu Werdenberg.
  2. Soppressione: No 175.
  1. Die langen «n» am Wortende werden der Leserlichkeit halber nicht als «nn» aufgelöst.
  2. Nach Kubly-Müller 1927, S. 10–11, ist er ein Sohn von Marquart TschudiPersona: . Jost TschudiPersona: der Jüngere wird 1525Data: 1525 nach Werdenberg abgeordnet, um die Reformationsunruhen zu beenden. Er ist aber als Sohn von Heinrich TschudiPersona: und als Gegner der Reformation nicht identisch mit dem Jost TschudiPersona: , der 1526 Landvogt wird und in seiner Regierungszeit die Reformation in Werdenberg einführt.